Fröhliche Gesichter während des bunten Holi Festivals in den Straßen von Rishikesh.

Liebe, Farben, Frühling feiern

Indien feiert heute Holi und damit die Ankunft des Frühlings, die Liebe, die Farben und den Sieg des Bösen über das Gute. Vor einem Jahr war ich mittendrin im wortwörtlich bunten Treiben. Ein Rückblick.


Am Abend sah Rishikesh aus, als hätte jemand einen riesigen Farbmalkasten über der Stadt ausgekippt. Leuchtendes Pink, Grün, Gelb und Lila verteilte sich über Straßen und Wege. Menschen waren so sehr in Farbpulver gehüllt, dass man kaum mehr erkennen konnte, wo Kleidung begann und Haut aufhörte. Selbst Kühe und Hunde waren bunt. Und nachdem die Menschen wieder zuhause waren und sich die Farbe von der Haut schrubbten, füllten sich auch die Rinnen in den Randbezirken mit pinkem Abwasser.

Holi, das Festival der Liebe und der Farben; das Festival, das das Ende des Winters und die Ankunft des Frühlings zelebriert. Unsere Yogalehrer hatten uns extra einen Tag freigegeben. Holi in seinem Mutterland Indien zu feiern zu können… Welch ein Geschenk. Schon am Vorabend, einer klaren Frühlingsvollmondnacht, war der Geruch von Lagerfeuern durch die Stadt gezogen. Wir angehenden Yogalehrer verbrachten ihn auf der Dachterrasse, lauschten den Klängen von Musik und feiernden Menschen und bewunderten den Mond, der an diesem Abend so groß und nah war, dass wir das Gefühl hatten, ihn wie eine Glühlampe vom Himmel schrauben zu können.

Eine riesig schöne Farbsauerei


Unsere sonst eher ruhige Yogashala glich am Holi-Morgen ein wenig einem Bienenstock. Freudig gespannte Aufregung lag in der Luft und Ausrufe des Entzückens, als unser Yogalehrer Surinder uns silberne Tabletts mit sorgfältig zu Hügeln geformtem buntem Pulver überreichte. Vorsichtig fassten wir in das Farbpulver, erstaunt darüber, wie weich es sich auf der Haut anfühlte. Das war das Ende unserer weißen Shirts. 😅

So zogen wir los in kleinen Gruppen Richtung Innenstadt – vorbei an bunt bepuderten Sadhus, Straßenverkäufern, die heute statt Malas in kleine Plastiktüten gefülltes Farbpuder auf ihre Wägen geschichtet hatten, vorbei and lachenden Frauen und Kindern. Wir posierten für ungezählte Fotos mit Menschen, die wir nie zuvor gesehen hatten, als wären sie gute Freunde. Den ganzen Weg über lieferten wir uns Farbschlachten, schmierten und warfen Farbe auf Arme, in Gesichter und in die Luft – und wurden selbst immer bunter. Wir schafften es trocken durch die kleine Einkaufsstraße, in der sich Menschen mit Wasserbomben und Eimern auf Balkonen und Dächern postiert hatten. Eine riesig schöne Farb-Sauerei. Frauen in traditionellen Saris, Touristen, Männer mit Turban, Tiere – alle Grenzen und Unterschiede schienen zu verschwimmen zu einer Welle aus Freude, Glückseligkeit und vor Freude strahlenden Gesichtern, die sich über die Stadt ausbreitete.

Farbfontänen und Puderwolken

Farben, Menschen, Fröhlichkeit - ein visuell und emotional überwältigendes Bild.
Farben, Menschen, Fröhlichkeit – ein visuell und emotional überwältigendes Bild.

Während sich Deutschland in den ersten Tagen des Physical Distancings befand, schoben wir uns durch dichtgedrängte Menschenmasse auf der Laxman Jhula, die imposante Hängebrücke, die in Rishikesh über den Genges führt. Immerzu hatten wir fremde Hände mit Farbe im Gesicht, auf den Armen, auf dem Kopf – Menschen, Farben und Tiere verschmolzen geradezu zu einer riesigen Glücksblase.

Nördlich des Ganges angekommen, tanzten tausende überwiegend junge Männer ausgelassen zu lauter Musik, Farbfontänen bildeten bunte Puderwolken in der Luft, Wasser zur Abkühlung spritzte aus Schläuchen und reflektierte glitzernd in der Sonne. Ein gigantisches Bild, das kaum beschreibbar ist – das visuell und emotional gleichermaßen überwältigend war, so viele Eindrücke mit sich brachte, dass wir schon nach kurzer Zeit eine Ruhepause am Ganges benötigten.

Bunt und müde kehrten wir am Nachmittag in die Yogashala zurück, gingen vorsichtig in unsere Zimmer, um ja nicht überall Farbpuder zu verteilen. Minutenlang lief während des Duschens pinkes Wasser in den Ausguss. Holi-Puderfarbe ist so fein, sie findet ihren Weg wahrlich überallhin. 😉 Und sie ist so hartnäckig, dass der eine oder andere auch Tage später noch pinke Farbreste von der Haut schrubben musste.

Gänsehaut krabbelt meinen Rücken herauf, wenn ich an dieses Erlebnis vor einem Jahr denke. Der Gedanke an diese Masse fröhlicher Menschen und all die Farben, Fotos anzusehen und an die Menschen zu denken, mit denen ich diesen Tag gemeinsam erleben durfte, erfüllt mich jedes Mal mit Freude. Indien feiert auch in diesem Jahr Holi – trotz vieler Auflagen gab es ein großes Fest, wie mein Yogalehrer Surinder berichtet. In diesem Sinne: Happy Holi!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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